Staub – was auch Nicht-Allergiker wissen sollten

Wer eine Hausstauballergie hat, soll Hausstaub meiden. So einfach und logisch die Anweisung vom Allergologen. Dies bedeutet, auf gute Hygiene zu achten und sich spezielles Allergikerbettzeug zuzulegen. Besonders jüngere Betroffene merken auch schnell eine Erleichterung. Für ältere Betroffene, bei denen es sich zu einer systemischen Mastzellerkrankung oder Histaminose entwickelt hat, kann diese Maßnahme alleine nicht ausreichend sein. Allesamt werden sie es mit Sicherheit merken, wenn sie einer Staubaufwirbelung in einem vernachlässigten Raum ausgesetzt werden.

Ich bin oft bemitleidet worden für meine zahlreichen Allergien (laut einem Allergologen so zahlreich, dass es sich bei mir nicht gelohnt hatte, es mit einer Desensibilisierung zu versuchen. Heute bin ich darüber allerdings sehr froh, dass nicht noch mehr an meinem wackeligen Immunsystem herumgepfuscht wurde und ich mir das Mühsal einer weiteren aufwändigen Symptombekämpfung antun musste, sondern mit Mitte 20 beginnen konnte, an die Wurzel des Übels zu gehen).

Hier besteht allerdings ein grundlegendes Verständnisproblem. Wir haben in unserer Gesellschaft ein festgefahrenes Bild davon, was eine Allergie überhaupt ist. Wer denkt nicht bei diesem Wort an Niesen, Juckreiz, tränende Augen, Atemnot und rote Pusteln. Vielleicht noch an geschwollene Lippen und einen brennenden Mund und Rachen.

Was ist überhaupt eine Allergie?

In den Forschungslaboren ist die Lage schon sonnenklar, doch in die medizinische Praxis ist es leider noch lange nicht durchgedrungen. Mastzellen, die durch die Ausschüttung von Histamin und anderen Entzündungsbotenstoffe für die Allergiesymptome sorgen, sitzen in sämtlichen Körperbarrieren, nicht nur in der Haut, den Mund- und Augenschleimhäuten und den Atemwegen. Auch in den Schleimhäuten der Magen-Darm-Trakts (der im Mund beginnt) sitzen sie (schwer Betroffene erleben auch Juckreiz und Quaddelbildung um die Bauchgegend), meist merkt man ihre Aktivität dann eher durch Symptome wie Blähungen, Schmerzen, einen aufgedunsenen Bauch und Durchfälle. Doch auch im Urogenitaltrakt, wo sie für Blasenprobleme und Menstruationsschmerzen sorgen können, um unsere Muskeln herum und im Bindegewebe, wo sie an der Fibromyalgie beteiligt sind, in Arterien, wo sie für Herz-Kreislauferkrankungen durch entzündliche Geschehen mit-„verantwortlich“ sind (die Mastzellen können natürlich nichts dafür, sie reagieren nur auf Signale aus Körper und Umwelt), sogar im Zentralnervensystem sind sie zu finden und sorgen dort für Kreislaufprobleme, Reiseübelkeit und „psychische“ Probleme.

Versteckte Allergie

Die Klienten, die zu mir kommen, lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen. Zum einen die, die eher äußere und auffällige Symptome haben (das, was wir auf Gut-Deutsch als Allergie bezeichnen; akustisch oder optisch sehr prominent (Niesen, starker Ausfluss, Ausschläge, Quaddeln, unreine Haut…); ich sage oft, dass es sehr „laute“ Symptome sind. Die die oft traurigerweise sogar für ihre Überempfindlichkeit gehänselt werden).

Und dann gibt es die, die bisher immer als recht hart im Nehmen gewirkt haben, die aber an einem gewissen Punkt von chronischen Schmerzen, nicht heilen wollenden Sportverletzungen und Erschöpfung in die Knie gezwungen wurden.

Und natürlich sämtliche Überlappungen. Verdauungsprobleme haben die meisten in beiden Gruppen, spätestens, wenn ich bestimmte Fragen stelle, wird klar, dass gewisse Gegebenheiten mit ihrer Verdauung doch nicht so normal sind, wie oft angenommen wurde.

Wer Mastzellen versteht, weiß, dass Allergien viele Gesichter annehmen können. Vielleicht wird das Wort „Allergie“ sogar gänzlich aus der Mode kommen und z.B. durch „erhöhte Mastzellaktivität“ oder „chronisch entzündliche Probleme“ ersetzt werden.

Staub, ungesund für jedermann

In jedem Fall kann ich sagen, dass auch Menschen mit kognitiven Problemen, Verdauungsbeschwerden und chronischen Schmerzen von einer größeren Achtsamkeit in Bezug auf Staub profitieren können. Schauen wir uns doch einfach einmal an, was Staub überhaupt ist.

Hausstaub beinhaltet weitaus mehr als nur den Kot der Hausstaubmilbe. Natürlich sucht sich unser Immunsystem ein Protein, um etwas zu haben, gegen das es sich wehren kann. Zugleich merken viele Mastzellüberaktivitätsbetroffene eine Überempfindlichkeit auf Staub, ohne dass Antikörper nachgewiesen werden können. Unser System kann allerdings genügend andere Gründe haben neben den Milben, um Staub dauerhaft und mit Nachdruck als gefährlich einzustufen.

Heutiger Staub beinhaltet

-Rückstände von Tensiden und anderen Bestandteilen von Körperpflegeprodukten (von Kleidungsfasern und Hautschuppen)

-Mikroplastik (aus Textilien, PVC-Böden; enthält Phtalate (Weichmacher) )

-Feinstaub (aus Straßenverkehr, Industrie, Landwirtschaft, Kaminen)

-Schadstoffe aus der Umwelt (Industrie, Straßenverkehr, Landwirtschaft, Raumbedufter)

-Schwermetalle (aus manchen Kerzendochten, Zigaretten, Räucherwerk, Straßenverkehr, Industrie…)

-Bausubstanzen

-Farbstoffe und Reinigungsmittel (Phenole)

-Flammschutzmittel

-perfluorierte Kohlenwasserstoffe

-Schimmelsporen (wirken antibiotisch auf die Körperflora, toxisch)

-Bakterien

-Viren

-Pollen

-sogar Stäube aus fernen Wüsten, Vulkanausbrüchen und aus dem Weltall.

Staub gerät nicht nur in unsere Atemwege und auf unsere Haut, sondern wird auch zur Genüge geschluckt und sorgt in unserem Inneren für Mastzellaktivierung und somit für Schäden. Je nach Kombination von beinhalteten Stoffen kann der schädliche Effekt sich sogar potenzieren.

So schützt du dich

Mein Appell ist somit, zum Wohle eurer Familien und für euch selber zum einen auf genügend Hygiene im Haushalt zu achten (und ich weiß, wie schwierig es gerade bei einer kräftezehrenden Erkrankung sein kann… einfach im Rahmen eurer Möglichkeiten agieren), aber auch bereits so gut es geht die Entstehung von besonders schädlichem Staub zu vermeiden, z.B. auf gesündere Haushalts- und Kosmetikprodukte umzusteigen. Bei vielen meiner Klienten trugen allerdings auch Belastungen am Arbeitsplatz zu schweren Schüben bei, wo man leider wenig Einfluss nehmen kann. Meine Erfahrung, auch am eigenen Leib, zeigt mir aber, dass wir durchaus deutlich resilienter werden können, wenn wir unsere Barrieregewebe (Haut, Lunge, Darm,…) geheilt haben.

Heute schon deinem Immunsystem gedankt?

Ich bin heutzutage ehrlich gesagt sogar dankbar, dass ich dieses ausgeklügelte körpereigene Frühwarnsystem besitze, das mich zum zeitigen Handeln zwingt, lange bevor schwerwiegende Schäden entstehen. Ich bin zwar bei weitem nicht mehr so sensitiv wie früher, doch was ich aus dieser Zeit gelernt und an Achtsamkeit gewonnen habe, wird mir keiner mehr nehmen.

Und ich setze mich dafür ein, dass wir „Kanarienvögel in der Kohlenmine“ nicht mehr bemitleidet oder belächelt werden, sondern zu respektierten Pionieren und Beratern werden im Bereich der Prävention. Denn denk daran, Schäden erleiden wir alle von Staub und Umweltschadstoffen, lasst uns auch denen helfen, deren Körper nicht rechtzeitig warnen und hier mehr Bewusstwerdung erreichen.


Studien zur Schädlichkeit von Staub

Krebserregende Wirkung vieler Staubbestandteile:

https://publichealth.gwu.edu/content/potentially-harmful-chemicals-widespread-household-dust

Pestizide in Hausstaub:

https://ehp.niehs.nih.gov/doi/abs/10.1289/ehp.951031126

Schwermetalle in Hausstaub:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/016041209490197X

Autismus Spektrum Störung, Asthma, Allergien und Umwelttoxine

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